Noch jung und fit!?

 

Wie begeistere ich junge Senior*innen für ein Ehrenamt?

 

(Daniel interviewt Angelika)

 

Wir vom Verein Bunte Lebenswelten e.V. sind sehr daran interessiert Verbesserungen zu bewirken. Von daher feilen wir immer an unseren Projekten in den Bereichen Begabungsförderung und Permakultur. Damit  halten wir den Wissens- und Bildungsgewinn aller Beteiligten so groß wie möglich. Die Unterstützung ehrenamtlicher Helfer*innen ist dafür unglaublich wichtig. Nachdem ein Projektkonzept erstellt ist, setzen wir es gezielt auch mit Ehrenamtlichen um. Dafür stellen wir uns viele Fragen: „Wie begeistere ich die richtige Zielgruppe für das jeweilige Vorhaben?“ „Wer gehört zur Zielgruppe?“ „Wo und wie erreiche ich die Zielgruppe?“ etc.

 

Unser Vorstandsmitglied Angelika Specht befasst sich vorbereitend für eine festliche Veranstaltung des Landkreises Göttingen zum Ehrenamt intensiver der Zielgruppe „junge Senior*innen“. Ich, Daniel, habe ihr dazu einige Fragen gestellt.

 

Daniel: Gibt es typische Bereiche, in denen sich junge Senior*innen besonders gerne oder häufig ehrenamtlich engagieren?

 

A. S.: Viele junge Senioren fühlen sich erstaunlich fit und wollen sich gern sinnvoll engagieren. Sie mögen ihre Kenntnisse in einem neuen Zusammenhang einbringen und oft auch weiterentwickeln, ein neues Themenfeld erschließen oder intensivieren, am Ball bleiben und sich keineswegs reduzieren lassen. Ganz besonders Dankbarkeit spielt an der Schwelle zur Rente eine wichtige Rolle: der Gesellschaft oder einer bestimmten Gemeinschaft etwas zurückzugeben, ist zutiefst erfüllend.

 

Daniel: Wie kann ich am besten gezielt nach einem bestimmten Schlag Mensch für eine bestimmte Tätigkeit, z.B. berufserfahrene Menschen oder lebenserfahrene Menschen im Rentenalter, suchen?

 

A. S.: Gern würde ich größere Unternehmen und Organisationen ansprechen, die ein aktives Seniorenprogramm haben. Manche noch berufstätigen Seniorkolleg*innen bereiten sich in der Vorruhestandsphase schon auf die Zeit danach vor und suchen auch selbst aktiv eine sinnstiftende Tätigkeit. Wieder andere bringen erst einmal noch einige private Dinge in Ordnung und sehen dann, dass noch Zeit übrig ist. Es gibt also mehrere Phasen, in denen ein Neueinstieg ins Ehrenamt Sinn macht. Wir als Bildungsverein interessieren uns sehr für Menschen, denen Bildung ein wichtiger Baustein des Lebens geworden ist. Der Reiz ist dabei, dass wir damit jungen Leuten etwas geben können, damit sie sich persönlich weiterentwickeln mögen.

 

Daniel: Auf welchen Plattformen oder mit welchen Mitteln kann man am besten bereitwillige Helfer*innen älteren Semesters finden bzw. seine für ein mögliches Engagement anbieten?

 

A.S.: Zurzeit können wir einerseits mit den beiden Ehrenamtsbörsen in Göttingen kooperieren, was wir sehr gern machen, weil sie effizient und engagiert sind. Andererseits suchen wir mit Homepage und Aushängen… die klassischen Wege. Wunderbar ist seit etlichen Wochen die Unterstützung von Oscar, unserem internationalen Ehrenamtskoordinator. Neben seiner Arbeit in der Wissenschaft kommt er auf diese Weise mit Menschen zusammen und kann sein Deutsch verbessern, was ihm seinerseits ein wichtiges Anliegen ist.

Ich hoffe, dass ich auf der geplanten Veranstaltung des Landkreises zum Ehrenamt in einer von mir zu leitenden Arbeitsgruppe mit anderen Einrichtungen und Ehrenamtlichen einen neuen Ansatz finde.

 

Daniel: Was kann ehrenamtliches Engagement den Menschen, vielleicht gerade auch jungen Senior*innen, geben und wie können sie sich deiner Erfahrung nach dadurch entfalten?

 

A. S.: Mit zunehmender Reife und Lebenserfahrung bietet Engagement eine Fülle neuer Erfahrungsmöglichkeiten. Gleichzeitig wollen wir uns gezielter einsetzen. Unter Corona noch mehr als zuvor ohnehin schon schränkten uns auch die Lebensnotwendigkeiten ein. Manche Leute empfanden dies als Einsamkeit oder auch Lethargie, aus der sie sich über ein freiwilliges Engagement herausretteten. Im Kontakt mit sich selbst und anderen Menschen entsteht häufig viel Erfüllung und Sinn. Ich erlebe es täglich und liebe es, mit mehreren Menschen an einem guten Strang zu ziehen. Lebenselixir ist mir, wenn ich in einer Herzensverbindung mit verschiedensten Menschen stehe und wenn ich spüre, dass in meinem Gegenüber erstaunliche Lebensgeister geweckt sind.

Gemeinsam bewegen wir mehr. Und wir haben eine Menge Spaß dabei.

 

Daniel: Die allermeisten von uns neigen durch die Gesellschaft bedingt zu Schubladendenken. Wenn ich mir jetzt zwei typische Kandidat*innen aus der Zielgruppe junge Senior*innen vorstellen müsste, wären das erstens die 68erin Uta, die sich voller Tatendrang für „grüne Themen“ engagiert und seit jeher gegen Atomkraft ist, und zweitens der knapp 70 jährige Hermann, der im Schützen- oder Fußballverein aktiv ist und gerne Bierchen im Vereinsheim trinkt. Hast Du derartige Klischees in deiner Arbeit schon bestätigt gesehen und musstest ein bisschen schmunzeln?

 

A. S.: Ja, ich schmunzele tatsächlich. Natur- und Menschenliebe teile ich zum Glück mit vielen Menschen jeden Alters. Bierliebe können wir nicht so bieten. Wenn Hermann mit uns aktiv werden möchte, ist er herzlich willkommen. Die meisten Menschen mit 70 können eine ganze Menge und freuen sich darüber. Wenn Uta nebenbei noch Zeit hat, sich mit uns praktisch für eine Klimaschutzmaßnahme einzusetzen, nehme ich gern ihr Angebot an. Beide müsste ich natürlich genauer kennen lernen. Das geht bei uns über einen ersten Telefon- oder E-Mail-Kontakt. Wir stecken gemeinsam einen Rahmen ab und legen los…